Als im Herbst 1973 mit den Bauarbeiten für den damals drittlängsten Eisenbahntunnel Europas und längsten Schmalspurtunnel weltweit begonnen wurde, war dem eine für ein Projekt dieses Ausmasses recht kurze Planungsphase vorausgegangen. Nur knapp zwei Jahre standen nach der Genehmigung durch die Eidgenössischen Räte im Juni 1971 bis zum Baubeginn zur Verfügung. Seit seiner Eröffnung im Jahre 1982 leistet die einzige wintersichere Ost-Westverbindung im Schweizer Alpenraum zuverlässig ihre Dienste. 45 Jahre nach Baubeginn steht jetzt ein «Update» an, um den Furkatunnel mit neuesten Sicherheitsstandards und moderner Bahntechnik auszustatten. Die mit CHF 190 Millionen budgetierte Sanierung ist das grösste Projekt in der Geschichte der Matterhorn Gotthard Bahn.
Furka-Basistunnel: «Update» für ein Jahrhundertprojekt Foto: Matterhorn Gotthard Bahn
Der Bau des 15‘384 Meter langen Tunnels war im Rückblick betrachtet eine technische Meisterleistung. Zwar war durchaus mit Schwierigkeiten im technisch anspruchsvollen Berginnern gerechnet worden, das Ausmass hat dann aber doch überrascht: In bis zu 1500 Metern unter der Oberfläche hatten die Arbeiter mit massivem Bergschlag und starken Wassereinbrüchen von bis zu 5000 Litern in der Minute zu kämpfen. Es verwundert daher nicht, dass die ursprünglich für den Bau veranschlagte Summe von CHF 74 Millionen schnell nicht mehr ausreichte. Letztendlich waren für den Bau – von intensiven und kontroversen politischen Diskussionen begleitet – CHF 318 Millionen erforderlich. Für Roger Bonvin, dem einstigen Bundesrat aus dem Wallis, war die Realisierung des Projektes fast schon zu einer Mission geworden, für die er sich mit grossem Eifer und gegen viele Widerstände einsetzte.
Im April 1981 war es dann trotz aller Widrigkeiten geschafft: Obwohl damals längst nicht die heutigen Präzisionstechnologien und -werkzeuge zur Verfügung standen, war beim finalen Durchschlag nur eine minimale Planabweichung von 3,7 Millimetern zu verzeichnen. Allerdings wurde für den Endausbau und die Bahntechnik vom eidgenössischen Parlament nur ein Jahr bis zur Inbetriebnahme zugestanden, was in Anbetracht der Ausmasse des Bauwerks äusserst knapp berechnet war und nur einen minimalen Ausbaustandard zuliess.
Ein Tunnel als Beitrag zum Erhalt und zur Entwicklung der Bergregionen
Die Eröffnung im Juni 1982 durch den damaligen Verkehrsminister Leon Schlumpf stellte schliesslich einen Meilenstein in der Verkehrserschliessung des Alpenraumes dar, entstand so doch die einzige wintersichere Ost-Westverbindung, von der die Bergregionen noch heute profitieren. Auch der Tourismus profitiert bis heute von der Verbindung – sei es der weltberühmte Glacier Express, der die beiden Topdestinationen St. Moritz und Zermatt verbindet oder aber die vielen touristischen Ziele entlang der Strecke.
Für die Matterhorn Gotthard Bahn, die 2003 aus dem Zusammenschluss von Furka Oberalp Bahn und der BVZ Zermatt-Bahn hervorgegangen ist und Bauherrin des Projektes ist, hat der Tunnel eine strategische Bedeutung. Der Glacier Express, der zu jeweils 50 Prozent zur Rhätischen Bahn und zur Matterhorn Gotthard Bahn gehört, ist dabei nur ein Aspekt . Ein anderer ist die Sicherstellung der Anbindung der Regionen Goms, Ursern und Surselva an das öV-Netz. Gerade hinsichtlich des sich weiter entwickelnden Tourismusresorts in Andermatt gewinnt dieser Anschluss zunehmend an Bedeutung.
Ein «Update» für mehr Sicherheit, moderne Bahntechnik und weniger Unterhaltskosten
Der minimale Ausbaustandard aufgrund der Vorgeschichte bei Plan, Bau und Kosten bedingt nunmehr eine Sanierung des Tunnels, um den zuverlässigen Bahnbetrieb auch in den kommenden Jahrzehnten sicherzustellen. Durch das «Update» wird vor allem der Sicherheitsstandard wesentlich erhöht. Dafür werden die Möglichkeiten der Selbst- und Fremdrettung verbessert sowie durch eine neue Lüftung bei einem Brandereignis eine rauchfreie Zone als Sicherheitsraum erzeugt. Darüber hinaus erfolgt eine Erneuerung der Bahntechnik, was unter anderem den Einbau einer festen Fahrbahn statt der bisherigen Schotterfahrbahn umfasst. Schliesslich kann nach der Sanierung des Tunnelgewölbes das Tunnelwasser besser gefasst und abgeleitet werden. Das hat eine Reduktion der hohen Luftfeuchtigkeit im Tunnel und damit der verminderten Korrosion an den Schienen zur Folge, wodurch sich die Unterhaltskosten deutlich reduzieren lassen.
Das Projekt ist mit rund CHF 190 Millionen veranschlagt und damit das grösste in der Geschichte der Matterhorn Gotthard Bahn. Eine besondere Herausforderung liegt darin, dass die Arbeiten grösstenteils während des laufenden Betriebes erfolgen müssen. Das Streckennetz der Matterhorn Gotthard Bahn ist weitestgehend einspurig, was abgesehen von zwei Kreuzungsstellen auch für den Furkatunnel gilt. Eine längere, durchgehende Streckensperrung ist damit kaum möglich, weshalb fast ausschliesslich nachts oder während der regelmässig im Herbst über wenige Wochen angesetzten Streckensperrungen stattfinden. Nur für die Jahre 2023 und 2024 sind über zwölf Wochen Bauphasen geplant, die eine Komplettsperrung des Tunnels erfordern.
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