Der Verein Dampffreunde der Rhätischen Bahn aus Bonaduz und der Samedner Club 1889 «Wir erhalten historische Fahrzeuge der RhB» haben unter ihrem Dachverband historic RhB letztes Jahr mit viel Herzblut und Eigeninitiative eine grosse private Spendenaktion gestartet. Unter dem Motto «Unsere Nr. 1 braucht Kohle» und mit einer eigenen Spendenhomepage konnten sehr viele Bahnliebhaber und Technikinteressierte aus Graubünden, der Schweiz und dem Ausland erreicht werden, welche ihre Portemonnaies grosszügig für die erste und älteste Dampflok der RhB, der «RHÆTIA» von 1889 öffneten. Das nahe Jahresende ist eine gute Zeit für eine kurze Bilanz. Es müssen immerhin rund 950'000 für die umfassende Lokrevision gesammelt werden.
Der Kohlentender der ersten Dampflok des Kantons Graubünden ist bereits gut gefüllt Foto: Marcel Manhart
Was die zwei Vereine unter dem gemeinsamen Auftritt «Projektgruppe RHÆTIA» alles in einem Jahr erreicht haben, ist beeindruckend und zeugt vom grossen Interesse weiter Kreise an der historischen RhB. Am 9. November letzten Jahres schenkte die RhB der Projektgruppe zum Auftakt der Spendenaktion grossflächige Werbung auf einer ihrer Loks. Diese wurde in einer kleinen Feier in der Hauptwerkstätte in Landquart offiziell eingeweiht, indem sie RhB-Direktor Renato Fasciati dem Leiter der Projektgruppe sowie Präsident der Dampffreunde der RhB, Christian Meyer, übergab.
Diese modernere elektrische RhB-Lok ist eine gute Kampagnenbotschafterin, weil Lokomotiven mit grossflächiger Werbung in weiten Kreisen der Bahnliebhaber aus dem In- und Ausland viel beachtet werden — sie sind überall im Kanton in der schönen Landschaft anzutreffen. Das zentrale Element der Werbelok ist ein Spendenbarometer, welcher aus einem Balken mit 19 weissen Feldern besteht. Jedes Mal, wenn mehr als 50'000 Franken gesammelt wurden, wird ein symbolisches Kohlenbrikett auf ein Feld aufgeklebt.
Spontane Solidarität und originelle Unterstützung
Rückblickend war das vergangene Kampagnenjahr für die Projektgruppe RHÆTIA ein grossartiger Erfolg. Bereits wenige Wochen nach dem Start wurden zwei kleinere und die zwei grossen deutschen Modellbahnhersteller auf die Spendenaktion aufmerksam. Sie waren spontan bereit, die Werbelok in unterschiedlichen Massstäben produzieren zu lassen und jeweils einen Teil des Verkaufserlöses in den Spendentopf der Projektgruppe zu geben.
Wie ein paar Beispiele zeigen, waren der Fantasie im Zuge zahlreicher privater Sammelaktionen schier keine Grenzen gesetzt:
• Die Bündner Bahnvereine gaben anfangs Jahr gemeinsam einen Ansteckpin heraus in der Art, wie sie früher auf den steifen Hüten des Bahnpersonal zur Anwendung kamen. Vom Reinerlös ging ein «Spendenfünfliber» jeweils in die Spendenkasse.
• Ein pensionierter Drogerieleiter aus Liechtenstein sammelte im Laden seiner Nachfolger über die Festtage mehrere Tausend Franken.
• Mit einem ähnlichen Resultat feierte ein Mitglied des Club 1889 kürzlich an der Zürcher Goldküste Geburtstag, nicht ohne eine Spendenkasse prall füllen zu lassen.
• Das Bahnmuseum Albula Bergün versteigerte anlässlich des Bahnfestivals von Anfang Juni nicht mehr gebrauchte Gegenstände und Bilder aus dem Museumsfundus und am gleichen Anlass konnten die Mitglieder der Dampffreunde mit einem aus Deutschland gespendeten Glückrad an ihrem Stand fast 1000 Franken einnehmen.
• Rührend war der Grund für eine Geldspende eines weiteren Gönners: In seiner Jugend vor fast 40 Jahren las er zwischen Thusis und Tiefencastel die Namensschilder der Tunnels auf, die durch neue ersetzt worden waren und über einen Monat lang im Gras lagen. Dazu musste er aber unerlaubterweise durch die Tunnels selber schreiten. Sein immer noch leicht schlechtes Gewissen über diese Tat bewegte ihn dazu, pro abgeschrittenen Meter einen Franken zu spenden.
• Auf besonders grosses Interesse stiess das Produkt einer spontanen Zusammenarbeit der Projektgruppe RHÆTIA mit einer Domleschger Genossenschaftsbrauerei: Mit einer eigens gestalteten Etikette konnten über 1000 Flaschen des flaschengegärten «Bier No. 1» über diverse Verkaufskanäle in Nordbünden verkauft werden.
• Die sehr zahlreichen Bahnfotografen aus aller Welt können bei historic RhB einen Fotopass zu 30 Franken kaufen und werden im Gegenzug laufend über die durch Bündner Bahnvereine und der RhB selber organisierte historische Fahrten informiert. Der Reinerlös aus dem Passverkauf brachte wiederum einige Tausend Franken für die RhB-Dampflok Nr. 1 zusammen.
Kantonale Beteiligung
Der Kanton Graubünden teilte am 22. August 2019 in einer Medienmitteilung mit, dass er das Restaurationsprojekt der RhB-Dampflok Nr. 1 mit maximal 160’000 unterstützt. Für diese Zusage hat die Projektgruppe RHÆTIA vorgängig ein Dossier eingereicht, welches die kantonale Denkmalpflege überzeugte. Hervorgehoben wird vom Kanton Graubünden die Möglichkeit, mit der Dampflok RHÆTIA einen Gründerzug aus den Jahren 1889 - 1897 zu bilden, welcher den technisch-touristischen Aufschwung und den Übergang der Landquart-Davos-Bahn zur Rhätischen Bahn erlebbar machen wird.
Schierser Dorffest und zweitägiger Spendenzug
Die Höhepunkte der bisherigen Spendenaktion war einerseits das Schierser Dorffest, welches am 24./25. August gemeinsam mit der Gemeinde und den örtlichen Vereinen durchgeführt wurde. Eine vielbeachtete Attraktion dabei war besonders ein Dampf-Shuttlezug zwischen Landquart und Küblis, der viele Besucher anlockte. Anderseits zog Ende September ein kleiner, von der Projektgruppe RHÆTIA organisierter Dampfextrazug, welcher in zwei Tagen von Samedan über Davos bis nach Landquart verkehrte, viele Besucher auf die Schienen. Die Fahrt fand ein grosses Echo in den Fachmedien und gleich zwei grosse Sponsoren. Die Raiffeisenbank Engiadina Val Müstair überreichte auf dem Perron von Samedan Fredy Pfister, Präsident vom Club 1889, einen grösseren Check und Christian Meyer durfte im Bahnhof Davos von der Region Prättigau/Davos einen Check über 25'000 in Empfang nehmen, welcher einen Franken pro steuerzahlenden Einwohner repräsentierte.
Eine kleine Feier zum Jahresabschluss
Überrascht vom grossen Erfolg bzw. den vielen symbolischen Kohlenbriketts, welche der Projektgruppe RHÆTIA in erstaunlich kurzer Zeit überreicht wurden, möchten die Projektverantwortlichen für geladene Gäste (Spender, Gönner und Partner) in der Hauptwerkstätte der Rhätischen Bahn in Landquart am 7. Dezember 2019 in einer kleinen Feier den Spendenbarometer auf der Werbelok mit neuem Spendenstand enthüllen und sich dabei gleichzeitig bei den Spendern bedanken. Der aktuelle Spendenstand wird erst am Anlass bekanntgegeben, wir werden auf info24 - ÖV Schweiz - Europa darüber berichten.
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