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Senat, Bahn und VCD legen Kompromissvorschlag zur Verlegung des Fern- und Regionalbahnhofs Hamburg-Altona vor

Der Bahnhof Hamburg-Altona ist Reisenden aus ganz Europa ein Begriff und ein fester Bestandteil des Stadtbildes. Mittlerweile über 100 Jahre alt, ist er aber den Anforderungen, die bis zu 130.000 Reisende pro Tag stellen, nicht mehr gewachsen. Deshalb wird der Fernbahnhof in den Norden Altonas verlegt, während der S-Bahnhof am bisherigen Standort bestehen bleibt. Im Klageverfahren Bahnhof Altona/Diebsteich haben die Freie und Hansestadt Hamburg sowie die Deutsche Bahn mit dem Verkehrsclub Deutschland (VCD Nord e.V.) nun einen Kompromiss zur Verlegung des Fern- und Regionalbahnhofs Hamburg-Altona erzielt. Die Verhandlungspartner vereinbaren deutliche Verbesserungen der Leistungsfähigkeit des neuen Bahnhofs und des Angebots für die Fahrgäste. Nach Zustimmung auch der künftigen Bürgerschaft wird der VCD seine Klage gegen das Grossprojekt zurückziehen.

Die Verlegung des Fernbahnhofs in den Norden Altonas bringt auch mehr Platz für die S-Bahn         Foto: Marcel Manhart

 

 

 

Ein festes Dialogforum mit Verfügungsfonds und Beteiligungsrechten wird eingerichtet

 

Die außergerichtliche Verständigung hat Friedrich-Joachim Mehmel, ehemaliger Präsident des Verfassungs- und Oberverwaltungsgerichts, nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst als Vermittler unterstützt.

 

Von März bis November 2019 wurden im Faktencheck die fachlichen Grundlagen erarbeitet. Im Dezember 2019 wurde mit konkreten Verhandlungen begonnen, die jetzt in einer Vereinbarung gemündet sind. Ziel war die Herbeiführung einer außergerichtlichen Einigung und die Schaffung eines neuen Drehkreuzes im Hamburger Westen als Teil der Mobilitätswende.

 

 

Deutliche Steigerung des Fahrgastaufkommens

 

Gemeinsames Ziel ist es, die Zahl der Fahrgäste am neuen Bahnhof perspektivisch um bis zu 50 Prozent gegenüber dem bisherigen Fernbahnhof Altona signifikant zu erhöhen. Am Verhandlungstisch einigten sich die Teilnehmer nun auf ein umfangreiches Paket mit konkreten Maßnahmen und Prüfaufträgen. Durch technische Verbesserungen, zusätzliche Gleis- und Weichenverbindungen sowie Signalanlagen sollen in der Spitzenstunde schon in der Startphase bis zu 31 Züge am neuen Bahnhof abgefertigt werden können.

Gleichzeitig wird mit der Einigung die Aufwärtskompatibilität des neuen Bahnhofs vereinbart, um den geplanten Deutschlandtakt sowie den Hamburg-Takt bewältigen zu können. Hierzu unterstützen die Verhandlungspartner ausdrücklich den vom parlamentarischen Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium und Bahnbeauftragten Enak Ferlemann angekündigten zusätzlichen S-Bahn-Tunnel parallel zur Verbindungsbahn. Dieser soll den neuen Bahnhof Altona so einbeziehen, dass perspektivisch weitere S-Bahn-Gleise geschaffen werden können.

 

 

Stadt, Bahn und VCD vereinbaren u.a. folgende Maßnahmen und Prüfaufträge:

 

Aufwertung des heutigen Bahnhofs Altona

  • Der bisherige Bahnhof Altona bleibt Dreh- und Angelpunkt für S-Bahn und Busverkehr im Hamburger Westen. Der Bestandsbahnhof erhält einen neuen, leistungsfähigeren und modernen Busbahnhof.
  • Die Laufwege zwischen S-Bahn und Busbahnhof werden verkürzt.
  • Eine zusätzliche S-Bahnstation „Mitte Altona“ (zwischen S-Bahnhof Holstenstraße und S-Bahnhof Altona) wird geprüft.

Mehr Angebot, Service und Komfort für die Fahrgäste

  • Der neue Bahnhof wird besser als bisher geplant ins Busnetz eingebunden, insbesondere innerhalb des Bezirks Altona (z.B. durch Verlängerung der Linie nach Teufelsbrück/Airbus).
  • Im direkten Umfeld werden deutlich mehr Fahrradstellplätze geschaffen.
  • Neue Mobilitätsangebote (z.B. Carsharing, StadtRad) werden verstärkt einbezogen.
  • Die fußläufige Erreichbarkeit soll verbessert werden.

Neuer Bahnhof robust für die Mobilitätswende

  • Zusätzliche Gleis- und Weichenverbindungen erhöhen die Kapazität und das Fahrgastaufkommen deutlich.
  • Die Planung für die S4 West bis Elmshorn soll beschleunigt werden. Sie soll unmittelbar im Anschluss an die Fertigstellung des neuen Bahnhofs realisiert werden, so dass sich die Anbindung des südlichen Schleswig-Holsteins an Altona verbessert.
  • Die Streckenführungsvariante der S32 über den neuen Bahnhof wird nochmals geprüft. Eine mögliche Bundesförderung darf dabei nicht gefährdet werden.

Mehr Kapazität durch Klärung der Nutzung der Güterumgehungsbahn auch für den Personenverkehr

  • Gemeinsames Ziel für den Bahnverkehr in Hamburg ist insgesamt ein deutliches Plus an Kapazität und Erreichbarkeit.
  • Die Weiterführung (Durchbindung) von Regionalzügen aus Niedersachsen über Hauptbahnhof nach Schleswig-Holstein (und umgekehrt) wird im Rahmen einer Machbarkeitsstudie bis Mitte 2021 untersucht, so dass sie nicht mehr am Hauptbahnhof enden und wenden müssen. Im Rahmen dieser Untersuchungen wird auch die Führung von Regionalverkehr über die Güterumgehungsbahn von Eidelstedt über Barmbek zum Hauptbahnhof beziehungsweise Richtung Süden mitbetrachtet.

Mehr Engagement für Natur-, Klima- und Umweltschutz

  • Für jeden gefällten Baum wird die Anzahl der gesetzlich geforderten Ersatzpflanzungen verdoppelt. Diese Pflanzungen werden in den Kernbereichen von Altona und Eimsbüttel vorgenommen.
  • Begrünte Lärmschutzwände verbessern die Verträglichkeit für die Anwohner.
  • Die Projektplanung garantiert Vereinbarkeit mit Hamburgs Klimaplan und dem Klimaschutzgesetz.

Dialogforum der Verhandlungspartner vereinbart

  • Zu den Themen dieser Verständigung wird ein festes und verbindliches Dialogforum eingerichtet. Träger sind die Partner dieser Verständigung. Sie können weitere Akteure in das Dialogforum einbinden.
  • Stadt und Bahn stellen den organisatorischen Rahmen sicher.
  • Es besteht ein Berücksichtigungsgebot (z.B. für Stellungnahmen, Gutachten) und es wird ein Verfügungsfonds eingerichtet, der im Falle der Nichteinhaltung der Leistungsziele von der DB zweckgebunden aufgestockt wird.

 

Stellungnahmen der Verhandlungspartner

 

Finanzsenator Andreas Dressel: „Alle wollen das System Schiene voranbringen. Ein jahrelanger Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang hätte den Fahrgästen und der Verkehrswende in unserer Stadt geschadet. Auf Basis vieler guter Vorschläge aller Verhandlungsteilnehmer haben sich alle deutlich bewegt. Nur so konnten wir einen Weg für einen Verkehrskonsens für den Hamburger Westen aufzeigen, der zum einen den neuen Bahnhof deutlich leistungsfähiger und attraktiver für die Fahrgäste macht und zum anderen auch die Chancen des bisherigen Bahnhofs nutzt – mit einer komplett neuen und modernen Bus-Umsteigeanlage und verbessertem Übergang zur S-Bahn. Wir haben die Kritikpunkte an der bisherigen Bahnhofsplanung ernstgenommen und konkrete Verbesserungen gemeinsam erarbeitet – das ist jetzt sozusagen Diebsteich 2.0. Mein Dank gilt der Bahn, dem VCD und schlussendlich auch dem ehemaligen Verfassungsgerichtspräsidenten Friedrich-Joachim Mehmel, der uns über die Ziellinie geholfen hat. Im weiteren Verfahren wird nun auch die Bürgerschaft mit zweimaligen Befassungen eng eingebunden. Die Verständigung hat eine Tragweite, die eine enge parlamentarische Begleitung erforderlich macht.“

 

Andreas Rieckhof, Staatsrat der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation: „Es waren schwierige und langwierige Verhandlungen. Das Ergebnis ist aus Sicht der für Verkehr zuständigen Behörde insgesamt vertretbar. Die Vereinbarungen zwischen den Partnern sind außerordentlich ambitioniert. Sie passen gut zu dem Ziel, den Bahnverkehr in Hamburg und Norddeutschland insgesamt massiv auszubauen.“

 

Frank Limprecht, Leiter Großprojekte Regionalbereich Nord der Deutschen Bahn: „Der schon im Faktencheck konstruktiv geführte Dialog ermöglichte die Einigung auf eine von allen unterstützte Projektplanung. Das ist eine gute Nachricht für Hamburg und unsere Strategie ‚Starke Schiene‘ in Deutschland. Wir können nun zügig unser Vorhaben umsetzen, das Bahnangebot in der Metropolregion Hamburg mit einem modernen Durchgangsbahnhof weiter zu verbessern.“ 

 

Rainer Schneider, Vorstand VCD Nord: „Mit der Verlegung des Fern- und Regionalbahnhofs Altona sind Vor- und Nachteile verbunden. Unser Ziel war und ist es, möglichst viel für Fahrgäste und das System Schiene herauszuholen. Der erzielte Kompromiss bringt unter dem Strich erhebliche Vorteile. Wir bedanken uns insbesondere bei Prellbock und den übrigen Partnern des Faktenchecks.“

 

Stefanie von Berg, Bezirksamtsleiterin Altona: „Ich danke allen, die durch Ihre konstruktive Mitwirkung diese Einigung ermöglicht haben. Mit dieser Einigung ist der Weg frei, für die Entwicklung in Altona zwischen dem neuen Bahnhof Diebsteich und dem Zentrum am jetzigen Bahnhof. Wir werden diese Möglichkeit nutzen, mit neuen Quartieren die Vielfalt in Altona für Wohnen, Arbeiten, Kultur und Bildung weiter zu entwickeln.“


Einfahrt in den Bahnhof Hamburg-Altona



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