Stadler hat im ersten Halbjahr 2019 einen Umsatz von 1.1 Milliarden Schweizer Franken erzielt. Der Auftragseingang entwickelt sich weiterhin sehr erfreulich: Er beläuft sich im ersten Halbjahr auf rund 2.3 Milliarden Franken und liegt damit rund 1.5 Milliarden Franken über dem Vorjahresergebnis. Der Auftragsbestand steigt damit auf einen neuen Höchststand von 14.4 Milliarden Schweizer Franken. Der Ebit liegt per 30. Juni 2019 bei rund 46.9 Millionen Schweizer Franken, im Vorjahreszeitraum waren es 35.2 Millionen Schweizer Franken. Bei der Bewertung des Halbjahresergebnisses gilt es zu berücksichtigen, dass in der Regel im ersten Halbjahr rund ein Drittel des Umsatzes anfällt, in der zweiten Jahreshälfte folgen zwei Drittel.
Stadler ist am 12. April 2019 erfolgreich an der Schweizer Börse gestartet und befindet sich trotz wirtschaftspolitisch schwierigem Umfeld weitgehend auf Kurs Foto: Marcel Manhart
Die Halbjahresziele konnten teilweise übertroffen werden. Der Auftragseingang für das erste Halbjahr beläuft sich auf 2.3 Milliarden Schweizer Franken und liegt damit 1.5 Milliarden Franken über dem Vorjahr (Zunahme um 178 Prozent). Insgesamt ergibt sich damit zum 30. Juni 2019 ein Auftragsbestand von 14.4 Milliarden Schweizer Franken. Der konsolidierte Umsatz beträgt 1.1 Milliarden Schweizer Franken und liegt 40 Prozent über dem Vorjahreswert. Der Ebit liegt per 30. Juni 2019 bei 46.9 Millionen Schweizer Franken, im Vorjahr waren es 35.2 Millionen Schweizer Franken.
Das wirtschaftspolitische Umfeld ist weiterhin schwierig. Währungsverwerfungen und die damit verbundene Erstarkung des Schweizer Franken bleiben auch im zweiten Halbjahr eine Herausforderung für Stadler. Ins Gewicht fallen insbesondere das Britische Pfund, die Schwedische und Norwegische Krone sowie der Euro.
Für den Umsatz – in den beiden Berichtsegmenten Rolling Stock sowie Service und Components – gilt, dass in der Regel im ersten Halbjahr circa ein Drittel anfällt, in der zweiten Jahreshälfte folgen die weiteren beiden Drittel. Grund dafür ist eine sehr konservative Rechnungs- und Umsatzlegung der Aufträge. Erst bei der Ablieferung des jeweiligen Fahrzeugs wird der Umsatz gelegt. Da traditionell gegen Ende Jahr die Fahrplanwechsel anstehen, werden in der zweiten Jahreshälfte mehr Züge in Betrieb genommen als in der ersten. Dies erklärt den deutlich höheren Umsatzanteil im zweiten Halbjahr. Die Verwaltungs-, Vertriebs- und Entwicklungskosten hingegen fallen über das Jahr verteilt grösstenteils gleichmässig an. Dies führt dazu, dass die Profitabilität und der betriebliche Geldfluss der ersten Jahreshälfte in der Regel deutlich tiefer liegen als im zweiten Halbjahr.
Der Netto-Geldfluss aus Betriebstätigkeit konnte auf -137.5 Millionen Franken von -156.0 Millionen Franken im Vorjahr gesteigert werden. Der Free Cash Flow liegt bei -294.7 Millionen Schweizer Franken gegenüber -184.8 Millionen Schweizer Franken in der Vorjahresperiode. Die Abnahme des Free Cash Flow ist hauptsächlich zurückzuführen auf eine höhere Zunahme des Net Working Capital um 217.6 Millionen Schweizer Franken (gegenüber einer Zunahme von 198.7 Millionen Schweizer Franken im Vorjahr) sowie substantieller Investitionen in der Höhe von 153.9 Millionen Schweizer Franken (gegenüber 49.9 Millionen Franken in der Vorjahresperiode) für die Bereitstellung der Kapazitäten zur Abwicklung des hohen Bestellungsbestandes.
Erfreulicher Auftragseingang
Mit der wachsenden Bevölkerung und dem Trend zur Urbanisierung nimmt der Bedarf an modernen und umweltschonenden Mobilitätslösungen weltweit weiter zu. Dies führt bei Stadler zu einem sehr erfreulichen, kontinuierlich wachsenden Auftragseingang. Im Berichtsegment Rolling Stock beläuft sich der Auftragseingang im ersten Halbjahr auf 1.7 Milliarden Schweizer Franken. Darin eingerechnet sind nur Aufträge, bei welchen die rechtsgültige Vertragsunterschrift stattgefunden hat und die Finanzierung seitens des Kunden geklärt ist. Aufträge mit laufenden Einsprachefristen oder Finanzierungsverhandlungen verbucht Stadler noch nicht als Auftragseingang. Mit 14.4 Milliarden Franken erreicht damit der Auftragsbestand ein neues Allzeithoch.
FLIRT Akku: Neuartige Ladetechnologie
Besonders zu erwähnen ist in Bezug auf den Auftragseingang der deutsche Markt. In Deutschland sind im ersten Halbjahr Aufträge für mehrere hundert Millionen Schweizer Franken eingegangen. Hervorzuheben ist der Auftrag für die Lieferung von 55 FLIRT Akku für Schleswig-Holstein. Stadler konnte sich damit gegen die internationale Konkurrenz durchsetzen und innert sehr kurzer Zeit eine neue richtungsweisende Ladetechnologie für batteriegestützte Antriebe an den Markt bringen. Die Batterien können während der Fahrt auf kurzen Oberleitungsabschnitten geladen werden. Die Bestellung zeugt von grossem Vertrauen in die Innovationsfähigkeit des Schienenfahrzeugherstellers.
Einen strategisch wichtigen Erfolg konnte Stadler auch in Skandinavien erzielen: Mit dem Verkauf von 60 Lokomotiven an die finnische VR Group wurde dort die Präsenz von Stadler weiter gestärkt.
In den USA konnte Stadler dieses Frühjahr einen Auftrag für 127 METRO-Züge platzieren. Für Stadler war dies der erste grosse METRO-Auftrag in den USA und in Bezug auf die Anzahl Fahrzeugeinheiten der grösste Auftrag überhaupt. Da sich die finale Vertragsunterschrift aufgrund einer Einsprache, die inzwischen beigelegt werden konnte, verzögert hat, wird dieser Auftragseingang jedoch voraussichtlich erst im zweiten Halbjahr erfasst.
Mit den Vergaben in Deutschland, Norwegen und den USA hat Stadler in strategisch relevanten Wachstumsmärkten im Bereich Rolling Stock weitere Erfolge erzielt.
Aktuell befinden sich bei Stadler etwa 150 Aufträge in der Abwicklung und ebenso viele in der Garantie. Bei der Produktion der 58 FLIRT für East Anglia zeichnen sich Pönalenrisiken ab. Die Zulassung für die bimodalen (BMU) und elektrischen (EMU) Triebzüge wurde zwar in Rekordzeit erreicht, jedoch verzögert sich aktuell die Abnahme durch den Kunden.
Servicegeschäft weiter im Aufwind
Der Auftragseingang im Berichtsegment Service und Components liegt im ersten Halbjahr 2019 bei 602.6 Millionen Schweizer Franken und liegt damit deutlich über Vorjahresniveau. Im Mai konnte Stadler Service einen Vertrag für die Instandhaltung von über 100 Zügen des Bahnbetreibers Vy in Norwegen abschliessen. Es ist die grösste Einzelflotte, die Stadler je unter Vertrag genommen hat. Im Bereich Modernisierung und Refit konnte Stadler Service in Deutschland zwei grosse Aufträge von Bogestra und Netinera gewinnen. Volumenmässig eher kleinere, aber sehr wichtige Aufträge vor dem Hintergrund der Digitalisierung, sind die Aufträge zum Einbau des Stadler Diagnosesystems (RDS-System).
Seit Juni führt Stadler Service erfolgreich den integrierten Fullservice für GoAhead im Passagierbetrieb in Deutschland aus. Und in Grossbritannien übernimmt Stadler nach der Lieferung der 52 neuen METRO-Züge für Merseytravel in Liverpool auch für 35 Jahre die Verantwortung für die Instandhaltung der Züge im hochmodernen neuen Depot in Liverpool-Kirkdale.
Signalling gewinnt an Bedeutung
Seit 2016 ist bei Stadler der kontinuierliche Aufbau des firmeneigenen Signalling-Bereichs im Gang. Am Signalling-Standort Wallisellen arbeiten mehrere Teams von hochqualifizierten Ingenieuren an der Umsetzung der Signalling-Strategie für die Produkte Vollbahnen, Nebenbahnen und Metro. Erste Erfolge haben sich bereits letztes Jahr eingestellt: Das von Stadler mit Mermec im Joint Venture AngelStar entwickelte ETCS-Zugbeeinflussungssystem GUARDIA kommt bei den neuen FLIRT-Zügen der BLS zum Einsatz. Aktuell laufen entsprechende Projekte auch in Polen, Ungarn, Slowenien, Italien und Deutschland. Darüber hinaus zeichnen sich weitere Projekte ab und die Zulassung für Stadler GUARDIA wird derzeit in neun Ländern erwirkt. Anfang 2020 wird Stadler Signalling in eine eigene rechtliche Einheit überführt.
Kapazitätsausbau in allen Regionen
Im Heimmarkt Schweiz baut Stadler in St. Margrethen ein neues Produktionswerk. Die Arbeiten laufen nach Plan, sodass bereits gegen Ende 2019 die ersten Hallen bezogen werden können. Mit dem neuen Produktionsstandort werden die Produktionsbedingungen im Kompetenzzentrum für Doppelstocktriebzüge – heute noch in Altenrhein – optimiert und die Wettbewerbsfähigkeit von Stadler gesteigert. Die Investition von über 85 Millionen Schweizer Franken ist ein klares Bekenntnis zum Werkplatz Schweiz und zum Standort im Dreiländereck.
In den USA konnte Stadler im Frühjahr das neue Werk in Salt Lake City beziehen, im Mai dieses Jahres wurde offiziell seine Eröffnung gefeiert. Das Investitionsvolumen belief sich auf rund 60 Millionen Schweizer Franken (brutto). Das Werk ist für 350 Arbeitsplätze ausgelegt.
In Deutschland wird der Standort in Berlin Pankow mit einer neuen Produktionshalle, die optimal auf die Bedürfnisse des Kompetenzzentrums für Strassen- und Stadtbahnen sowie von Metro-Fahrzeugen ausgerichtet ist, erweitert. Das neue Betriebskonzept umfasst über den Bau der Produktionshalle hinaus in einer späteren Phase ebenfalls optimierte Flächen für Logistik und Inbetriebsetzung.
Stadler Service hat überdies in Herne ein Depot zur Instandhaltung der S-Bahn Rhein-Ruhr gebaut und in Betrieb genommen. Die Investition belief sich auf über 30 Millionen Schweizer Franken. In Polen hat Stadler Service in Lodz ein neues Depot für 7 Millionen Schweizer Franken gebaut und wird im September 2019 mit den Instandhaltungsarbeiten am neuen Standort fortfahren.
Erfolgreicher Börsengang
Seit dem 12. April 2019 ist die Stadler Rail AG an der Schweizer Börse SIX Swiss Exchange notiert. Der stark beachtete Börsengang kann als grosser Erfolg verbucht werden. Der Kurs hat sich seit dem ersten Handelstag erfreulich entwickelt. Gegenüber dem Ausgabepreis von 38 Franken erhöhte er sich um über 15 Prozent per 28. Juni 2019. Die Aktie ist sehr breit gestreut: Per 30. Juni 2019 zählte Stadler über 27‘000 Aktionärinnen und Aktionäre, darunter ein grosser Anteil Kleinaktionärinnen und -aktionäre. Rund 20 Prozent der Aktionäre besitzen nicht mehr als 50 Aktien.
Nach Ausübung der Mehrzuteilungsoption sind im Zuge des Börsengangs von Stadler insgesamt 40‘250‘000 bestehende Aktien und damit 40.25 Prozent des Aktienkapitals platziert worden. Das Platzierungsvolumen entsprach 1.5 Milliarden Franken. Peter Spuhler hält direkt und indirekt über die PCS Holding AG 39.7 Prozent des Aktienkapitals von Stadler. Weitere zehn Prozent hält die deutsche RAG-Stiftung. Die Kosten für den IPO-Prozess gehen voll zulasten des verkaufenden Aktionärs.
Änderungen im Management
Der Verwaltungsrat und die Konzernleitung haben im ersten Halbjahr 2019 einige Änderungen erfahren, die grösstenteils Konsequenz eines von langer Hand geplanten Generationenwechsels waren. So hat Jure Mikolčić am 1. Februar 2019 die Leitung der Division Deutschland übernommen. Markus Bernsteiner hat am 1. Juni 2019 von Markus Sauerbruch die Leitung des Werkes in Altenrhein übernommen. Vertriebschef Peter Jenelten hat ebenfalls im Mai sein Amt an Ansgar Brockmeyer übergeben und hat nach 19 Jahren in die PCS Holding in Frauenfeld gewechselt. An der Generalversammlung im März 2019 wurde Barbara Egger-Jenzer, ehemalige Berner Regierungsrätin, als erste Frau in den Verwaltungsrat von Stadler gewählt. Mitte Juli musste Stadler leider vom Tod des überaus geschätzten, langjährigen Verwaltungsratsmitgliedes Dr. Werner Müller (seit 2003), ehemaliger deutscher Bundeswirtschaftsminister, Kenntnis nehmen.
Ausblick
Stadler ist in einem wachsenden, jedoch wirtschaftspolitisch schwierigen Marktumfeld gut positioniert. Das erste Halbjahr verlief erwartungsgemäss. Aktuell sieht sich Stadler jedoch mit Herausforderungen aufgrund der nachteiligen Wechselkursentwicklung, der Abschwächung des Wirtschaftswachstums, der geopolitischen Turbulenzen sowie der verspäteten Abnahme von Fahrzeugen im Auftrag East Anglia konfrontiert. Vor dem Hintergrund der Entwicklungen im ersten Halbjahr geht Stadler für das gesamte Geschäftsjahr bei gleichbleibenden Wechselkursen von einem Umsatz in der Höhe von 3.5 Milliarden Schweizer Franken und einer Ebit-Marge in der Höhe von 7 Prozent aus.
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