Im Rahmen eines mehrstufigen Bewerbungsverfahrens zur Verbesserung des ÖV-Systems in Grossbritannien hat sich die Schweizer Ticketing-App FAIRTIQ Ende Januar 2019 in London gegen eine starke internationale Konkurrenz durchgesetzt. Das Berner Start-up kann die Applikation nun auf der Insel einführen. Von den Mitbewerbern wurde FAIRTIQ überdies mit dem «Cohort Award» für das vielversprechendste Produkt ausgezeichnet.
Rhätische Bahn (RhB) Ge 4/4 II 628 mit FAIRTIQ-Werbung Foto: Marcel Manhart
Technologie-Start-Ups aus aller Welt konnten sich für einen Platz beim Billion Journey Project, einem viermonatigen Accelerator-Programm in London, bewerben. Im mehrstufigen Selektionsprozess versuchten über hundert Unternehmen aus aller Welt, die Verantwortlichen von ihren Lösungen für den öffentlichen Verkehr zu überzeugen. Im Fokus standen dabei die vereinfachte Nutzung des ÖVs und die Verbesserung des Fahrerlebnisses für die Fahrgäste. Am Demo Day in London vom 23. Januar 2019 gelang dies dem Berner Start-Up FAIRTIQ am besten. FAIRTIQ wurde mit dem «Cohort Award» für das vielversprechendste Produkt des Billion Journey Projectsausgezeichnet und gleichzeitig für die Unterzeichnung eines Vertrags zur Einführung von FAIRTIQ in Grossbritannien selektioniert.
Einen der wichtigsten Transportmärkte Europas erschliessen
«Für uns kam das Billion Journey Project in London zum absolut richtigen Zeitpunkt», sagt Gian-Mattia Schucan, Gründer von FAIRTIQ. «Denn der grosse Erfolg im Heimmarkt Schweiz sowie in Holland, Österreich und Deutschland zeigt, dass unsere Lösung einem echten Kundenbedürfnis entspricht und Landesgrenzen für uns keine Technologiegrenzen darstellen.» Das Programm ermöglicht es FAIRTIQ, mit Grossbritannien in kürzester Zeit einen der wichtigsten Transportmärkte Europas überhaupt zu erschliessen sowie Zugang zur Infrastruktur und zu wichtigen Entscheidungsträgern zu erhalten. «Wir müssen uns nicht verstecken, im Gegenteil! Wir fühlen uns der internationalen Konkurrenz mehr als gewachsen», ist Schucan überzeugt.
Herausforderungen des britischen ÖV-Systems
Das sehen auch die Verantwortlichen der Firma Go-Ahead so. Das Unternehmen ist eine der grössten Anbieterinnen von öffentlichen Verkehrsmitteln in Grossbritannien und steht hinter dem Billion Journey Project. Benannt ist das Innovationsprogramm nach der Milliarde Reisen, die durch die Go-Ahead Gruppe jährlich ermöglicht werden. Die auserwählten Technologielösungen sollen diese Personenfahrten positiv beeinflussen –beispielsweise durch das Ermöglichen von nahtlosem Reisen mit verschiedenen Transportmitteln oder Anbietern.
Denn der britische ÖV unterscheidet sich stark von jenem der Schweiz. Er ist komplett privatisiert und zeichnet sich durch einen erheblichen Konkurrenzkampf aus, der in manchen Fällen zu Lasten der Fahrgäste geht. Anders als in der Schweiz, wo der Kauf eines einzigen Billetts die Fahrt quer durchs Land mit allen Verkehrsmitteln (z.B. Schnellzug, Postauto, Tram etc.) ermöglicht, ist dies in Grossbritannien nicht der Fall. Das gegenseitige Vertreiben von Billetten verschiedener Anbieter ist vielerorts nicht erlaubt. Entsprechend muss der Fahrgast beim Umsteigen sein Billett für die Anschlussverbindung kaufen. Genau dort nutzte FAIRTIQ die Chance dank den Fähigkeiten der App.
Präsentation vor englischem Verkehrsministerium
Nachdem FAIRTIQ bereits in der ersten Runde für den Final selektioniert wurde, stellte der Demo Day in London den Höhepunkt des Billion Journey Projectfür die verbleibenden Finalisten dar. Im Publikum sassen rund 400 Gäste, darunter Führungskräfte der Go-Ahead Gruppe und anderer grosser Verkehrsunternehmen, Vertreter des englischen Verkehrsministeriums, lokale Behörden, Lieferanten, Investoren und Medien. Das Berner Team erhielt fünf Minuten, um das Ergebnis der vergangenen Monate zu präsentieren und so die Entscheidungsträger von den Vorteilen ihres Produkts, der «einfachsten Fahrkarte der Schweiz», zu überzeugen. Der Nutzen der App sowohl für Fahrgästeals auch für Go-Ahead sicherten dem Berner Team einen der Plätze und somit den Einstieg in den britischen ÖV-Markt.
So funktioniert FAIRTIQ
Vor dem Einsteigen in Tram, Bus oder Zug klickt der Fahrgast in der App auf „Start“. Damit hat er oder sie ein gültiges Ticket für den gesamten öV in der Schweiz. Am Zielort angekommen, beendet ein weiterer Klick die Kostenerfassung. Die App erkennt die gefahrene Strecke anhand der Standortermittlung und verrechnet das preisoptimale Billett. Falls der Wert einer Einzelfahrt den Preis für eine Tageskarte übersteigt, zahlt der Kunde nachträglich nur den günstigeren Tarif. Damit der Reisende nicht vergisst auszuchecken, erinnert FAIRTIQ am Ende der Reise mittels Smartphone-Sensoren automatisch daran.
FAIRTIQ ist die einfachste Fahrkarte der Schweiz, und neu auch Österreichs. Die gebührenfreie Ticketing-App für den gesamten öffentlichen Verkehr in der Schweiz ist die zurzeit am meisten genutzte Check-in/Check-out-App mit über 3 Millionen gemachten Reisen, verfügbar für iPhone, Apple Watch und Android-Mobiltelefone. FAIRTIQ‘s Partner sind Transportunternehmen in der Schweiz und Liechtenstein. Auch die SBB setzt auf FAIRTIQ als Technologiepartner.
Kommentar schreiben