Wie die Fernverkehrskonzession in der Schweiz erneuert wird

Per Ende 2017 läuft die bestehende Fernverkehrskonzession in der Schweiz grösstenteils aus.

Gemäss Personenbeförderungsverordnung können interessierte Bahnen bis Anfang September Gesuche beim Bundesamt für Verkehr (BAV) eingeben. Dieses hat den Fernverkehr auf Basis des Raumkonzepts Schweiz in einer Wegleitung "Grundsätze für den Fernverkehr" nachvollziehbar definiert.

Noch ist die SBB alleinige Betreiberin des Fernverkehrs in der Schweiz                                                     Foto: Marcel Manhart

 

 

 

Die SBB ist seit 2004 alleinige Betreiberin des Fernverkehrs in der Schweiz. Sie übernahm damals die zuvor von der BLS betriebenen Fernverkehrslinien und überliess dieser im Gegenzug die gesamte S-Bahn Bern (Regionalverkehr) zum Betrieb. Der Betrieb des gesamten Fernverkehrs ermöglicht der SBB heute jährliche Gewinne in der Grössenordnung eines tiefen dreistelligen Millionenbetrags.

 

Die aktuelle Fernverkehrskonzession der SBB (Konzession Nr. 584) läuft für die grosse Mehrheit der Linien zum Fahrplanwechsel 2017 aus. Ausgenommen sind lediglich vier Linien am Jurabogen, für welche die Konzession Ende 2019 ausläuft, da die SBB für diese Linien spezielles ICN-Rollmaterial (Neigezüge) beschafft hat. Damit steht aktuell die Konzession für die grosse Mehrheit der Fernverkehrslinien zur Erneuerung an.

 

Basis für die Vergabe ist das geltende Konzessionsrecht in Personenbeförderungsgesetz und -ver­ordnung.

Gemäss Personenbeförderungsgesetz hat der Bund das alleinige Recht, Reisende mit regelmässigen und gewerbsmässigen Fahrten zu befördern. Er kann dieses Recht über Konzessionen linienweise an Transportunternehmen abtreten. Das Personenbeförderungsrecht macht bei der Konzessionierung keinerlei Unterschiede zwischen Fern- und Regionalverkehr und ist bezüglich Betreiber offen formuliert. Jedes geeignete Unternehmen kann ein Gesuch für den Betrieb von Linien einreichen.

 

 

Konzessionserneuerung und Wegleitung Fernverkehr

 

Für das Fernverkehrsnetz fehlte bislang eine nachvollziehbare Definition. Im Hinblick auf das Ablaufen der Fernverkehrskonzession hat das Bundesamt für Verkehr (BAV) im Jahr 2015 vorbereitende Arbeiten gestartet mit dem Ziel, das Fernverkehrsnetz festzulegen, die Abstimmung mit dem Ausbau des Bahnnetzes zu sichern und ein noch besseres Angebot für die Kunden zu erreichen.

 

Zu diesem Zweck hat das BAV 2016 eine Wegleitung "Grundsätze für den Fernverkehr" erarbeitet. Mit dieser Wegleitung wird das Fernverkehrsnetz erstmals klar definiert auf der Basis von Kriterien, die aus dem Raumkonzept Schweiz abgeleitet sind. Rückgrat des Fernverkehrsnetzes ist das Basis-Netz, welches die Feinerschliessung des Landes mittels Fernverkehr sicherstellt: Es erschliesst alle Handlungsräume und bindet die gross- und mittelstädtischen Zentren, die einwohnerstarken Agglomerationen und die nationalen Flughäfen an die metropolitanen Zentren an. Dazu kommt das Premium-Netz (IC-Netz), das die metropolitanen Zentren verbindet und die Anbindung an die europäischen Hauptverkehrsachsen sicherstellt. Mit abgestuften Vorgaben für das Basisnetz und das Premium-Netz soll der heutige Qualitätsstandard gesichert und gezielt ausgebaut werden. Die Bahnen wurden über die Erarbeitung und die Inhalte der Wegleitung laufend informiert. Im Februar 2017 wurde die Wegleitung bei den Kantonen in die Konsultation geschickt.

 

Parallel hat das Auslaufen der Fernverkehrskonzession der SBB zu einem Ideenwettbewerb geführt: SBB, BLS und SOB haben dem BAV Konzepte für den Betrieb des künftigen Fernverkehrs bzw. von Teilnetzen oder Linien präsentiert. Im Fokus der Konzepte stehen ein noch dichteres Angebot für die Kunden, die Wirtschaftlichkeit und Qualitätskriterien.

 

Aufgrund der konkurrierenden Konzepte der drei Bahnen hat das BAV im Herbst 2016 Einigungsverhandlungen zwischen SBB, BLS und SOB gestartet und moderiert, mit dem Ziel einer einvernehmlichen Konzessionsvergabe auf der Basis einer Mehrbahnenlösung. Diese Verhandlungen mussten schliesslich nach mehreren Workshops und Verhandlungsrunden Mitte Februar 2017 aufgrund unüberwindbarer Differenzen eingestellt werden. Damit verbleibt für den Entscheid über das künftige Fernverkehrsangebot das ordentliche Konzessionsverfahren. Das BAV hat darin die Rolle der unabhängigen Konzessionsbehörde.

 

 

Weiteres Vorgehen

 

Die Bahnen können gemäss Personenbeförderungsverordnung Konzessionsgesuche bis drei Monate vor Betriebsaufnahme, also bis zum 9. September 2017, einreichen. Bis dato ist noch kein formelles Gesuch beim BAV eingegangen. Die eingehenden Gesuche werden vom BAV auf Basis des Personenbeförderungsgesetzes und der Verordnung fundiert geprüft. Auch die erarbeitete Wegleitung "Grundsätze für den Fernverkehr" wird ein Kriterium in der Konzessionsvergabe darstellen. Der Entscheid über die Konzessionsvergabe soll bis zum Fahrplanwechsel im Dezember 2017 erfolgen. Die Kantone werden vorgängig angehört. Die Fristen sind eng und das Verfahren anspruchsvoll. Sollte es auf gewissen Linien zu einem Betreiberwechsel kommen, müsste dieser schrittweise über die nächsten Jahre erfolgen. Sollte ein Gesuchsteller mit dem Vergabeentscheid des BAV nicht einverstanden sein, steht diesem der übliche Rechtsweg offen. In einem ersten Schritt müsste innerhalb der vorgegebenen Frist eine Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht erfolgen.

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