D wie Dora, D wie Demokratie

Seit einigen Tagen lassen die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) auf ihrer jüngsten U-Bahnlinie historische Doppeltriebwagen des Typs D („Dora“ genannt) mitten durch das Regierungsviertel pendeln. Für U-Bahnfans ist das allein schon ein Grund, der U55 zwischen Hauptbahnhof und Brandenburger Tor mal wieder einen Besuch abzustatten. Seit dem heutigen Donnerstag kommt ein weiterer Grund hinzu. Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert und BVG-Vorstandsvorsitzende Dr. Sigrid Evelyn Nikutta eröffneten eine fahrende Ausstellung zur Geschichte der Demokratie in Deutschland. Und so ist zwischen den U-Bahnhöfen Brandenburger Tor und Hauptbahnhof ab sofort ein echter D-Zug unterwegs: D wie Dora, D wie Demokratie.

"Dora" Doppeltriebwagen 2020/2021 auf der U55 am Brandenburger Tor                                                         Foto: Marcel Manhart

 

 

„Nichts kommt von selbst. Und nur wenig ist von Dauer.“ Das großflächige Zitat Willy Brandts auf der Außenhülle der reaktivierten Züge (Baujahre ab 1956) stimmt ein auf die zwar kurze, aber besondere Reise auf der U55. Mit über 20 fotografischen Momentaufnahmen im Fahrzeuginnenraum, bei denen stets das Reichstagsgebäude eine Rolle spielt, gelangen die Fahrgäste auf der zweieinhalbminütigen Fahrt zurück bis ins Jahr der Novemberrevolution und der Ausrufung der deutschen Republik (1918). Stationen sind dabei Ereignisse wie die Leichtathletik-Weltmeisterschaft (2009), die erste Sitzung des nach Berlin umgezogenen Bundestags (1999), der friedliche Fall der Berliner Mauer (1989), Kundgebungen in den sechziger Jahren oder die „Stunde Null“ nach Ende des Zweiten Weltkriegs (1945). Ein weiteres, liebevoll gestaltetes Detail: Das Reichstagsgebäude findet sich auch auf den Fensterfolien wieder und ersetzt dort das von anderen U-Bahnwagen bekannte Brandenburger Tor.

 

Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert sagte in seinem Grußwort auf dem U-Bahnhof Bundestag, wenige Minuten vor der Eröffnungsfahrt des D-Zugs: „Mich persönlich freut es besonders, welche Anziehungskraft das Berliner Parlamentsviertel ausübt, das inzwischen als ‚Fanmeile der Demokratie‘ firmiert. Seit 1999 besichtigten rund 40 Millionen Besucher das Reichstagsgebäude, das wie kein zweites die wechselvolle Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert und seinen langen Weg hin zu einer stabilen parlamentarischen Demokratie verkörpert. Hier – unter der grandiosen Reichstagskuppel, die zum Wahrzeichen der Hauptstadt geworden ist – schlägt das Herz der Demokratie in Deutschland! Die verkehrstechnisch und inhaltlich wie künstlerisch bemerkenswerte Ausstellung der BVG ist eine Hommage an unsere Demokratie und fügt sich wunderbar in das gelungene Ensemble des Parlamentsviertels. Ich wünsche der Ausstellung viele interessierte (Fahr)gäste, die sich auf der kurzen Zeitreise von den Bildern wie dem Ambiente inspirieren lassen.“

 

„Die BVG ist einer der größten Dienstleister und Arbeitgeber in der deutschen Hauptstadt, ein wichtiger Teil Berlins und Zeuge seiner bewegten Historie“, sagte BVG-Vorstandsvorsitzende und Vorstand Betrieb, Dr. Sigrid Evelyn Nikutta. „Unsere U-Bahn ist teilweise schon 115 Jahre alt und hat Kaiserreich, Demokratie, eine menschenverachtende Diktatur und die deutsche Teilung erlebt. Nach der Wende wuchs dann auch in unserem U-Bahnnetz wieder zusammen, was zusammen gehört. Und die U-Bahnlinie 55 wäre ohne die Wiedervereinigung gar nicht erst möglich gewesen. Daher ist es auch richtig, dass wir uns gerade hier mit dieser Ausstellung vor den Werten der Demokratie verneigen“, so Nikutta weiter.

 

Nichts kommt von selbst. Und nur wenig ist von Dauer. Das gilt auch für die fahrende Ausstellung. In den letzten Monaten wurden die Archive gewälzt, um eine kontrastreiche Mischung der Ereignisse für die Fahrgäste zusammenzustellen. Gestaltet wurde die Ausstellung von der Berliner Agentur Boros. Und auch das Ende der Ausstellung in den historischen Doppeltriebwagen steht bereits fest: Mit der Durchbindung der U5 (dem sogenannten „Lückenschluss“) voraussichtlich im Jahre 2020 geht die U55 in der verlängerten Mutter-Linie auf. Spätestens dann endet für die Dora-Züge ihr Einsatz im Fahrgastverkehr, mit ihnen die Ausstellung und damit auch ein weiteres Kapitel Berliner U-Bahngeschichte.

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