In Berlin bekommt die BVG Verstärkung für ihre U-Bahnflotte. Drei Doppeltriebwagen der Baureihen D und DL aus den 50er und 60er Jahren werden für den Einsatz auf der Linie U55 reaktiviert. Das erste Fahrzeug ist nun fertig und ging heute erstmals zu Mess- und Belastungsfahrten auf die Linie U5. Bevor alle drei Einheiten voraussichtlich im ersten Quartal 2017 auf die vom restlichen Netz abgekoppelte U55 gehen, werden die „Dora“ genannten Züge im Großprofilnetz auch noch Probefahrten mit Fahrgästen unternehmen.
Triebwagen der Serie F76 auf der U55 bekommt Verstärkung von Dora Foto: Marcel Manhart
„Vor dem Inselbetrieb wollen wir verständlicherweise sicherstellen, dass alle Komponenten auch im Alltag zuverlässig funktionieren“, sagt Martin Süß, Abteilungsleiter U-Bahnfahrzeuge bei der BVG. „Die Doras sind aber von der Substanz her grundsolide. Dadurch und durch die geringe Laufleistung, die sie auf der U55 bewältigen sollen, war es uns möglich, sie mit vergleichsweise geringem Aufwand zu reaktivieren. Für den täglichen Fahrgasteinsatz wurden die Züge in den vergangenen Monaten vor allem mit den heute vorgeschriebenen Sicherheitseinrichtungen ausgestattet. Außerdem wurden alle Fahrzeuge für die vor dem Einsatz fällige Hauptuntersuchung technisch von Grund auf überholt“, so Süß weiter. „Das bedeutet, dass die komplette Antriebstechnik und alle elektrischen, mechanischen und pneumatischen Bauteile nach Herstellervorgaben gründlich überarbeitet wurden.“
Am Fahrerarbeitsplatz hielt moderne Bedien- und Funktechnik Einzug. Der Fahrgastraum wurde hingegen optisch weitgehend im Stil der 60er Jahre belassen. Die Leuchtstofflampen erhielten lediglich energiesparende Vorschaltgeräte. Neu sind in den Doras kombinierte Notgriffe mit Sprechstellen und Türöffnungstaster mit Warnton und Leuchtmelder für den Schließvorgang. Außerdem sind pro Wagen zwei Videokameras installiert. Vor dem endgültigen Einsatz auf der U55 bekommen alle Wagen dann noch eine spezielle Gestaltung, die dem besonderen Einsatzort Rechnung trägt. „Mehr wird aber noch nicht verraten. Lassen Sie sich überraschen“, sagt Martin Süß.
Die Kosten für diese Reaktivierung belaufen sich auf rund 1,9 Millionen Euro. Die bisher auf der U55 eingesetzten drei Doppeltriebwagen der F-Reihe stehen nach dem Tausch gegen die wieder einsatzbereiten Oldtimer als Verstärkung im übrigen Großprofilnetz zur Verfügung.
Wussten Sie eigentlich…
- …dass die Baureihe D die erste war, die nach dem Zweiten Weltkrieg neu für die BVG entwickelt wurde? Mehr als 200 Doppeltriebwagen wurden von 1956 bis 1973 für das Großprofilnetz gebaut. Bis 2004 waren noch D-Fahrzeuge im Linieneinsatz.
- …dass Fans die frühen Untermodelle als „Stahl-Dora“ bezeichnen? Bis 1965 wurden die Züge nämlich in Stahlbauweise gebaut, danach als Baureihe DL in Leichtbauweise mit einem Wagenkasten aus Aluminium. Durch das ca. 26 Prozent geringere Gewicht konnten auch leistungsschwächere Motoren eingebaut werden, was die Energiebilanz der DL-Züge zusätzlich verbesserte.
- …dass die West-BVG Ende der 80er Jahre den Verkehrsbetrieben im Ostteil der Stadt mit Doras aus der Patsche half? Dort fehlten dringend benötigte Züge und im Westen war der Ersatz durch die Baureihe F bereits weit fortgeschritten. Das Ergebnis war ein kurioses Koppelgeschäft. Die BVG-West überließ der BVB-Ost 50 Wagen. Als Gegenleistung sicherte die BVB zu, die im Osten gelegenen Abschnitte der West-Linien U6 und U8 zu sanieren.
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